Auswirkungen der EU-Taxonomie-Verordnung auf den Immobilienwert

Auswirkungen der EU-Taxonomie-Verordnung auf den Immobilienwert

Auswirkungen der EU-Taxonomie-Verordnung auf den Immobilienwert

Die EU-Taxonomie-Verordnung (vgl. Blog-Artikel: Inhalte und Ziele der EU-Taxonomie-Verordnung) ist Teil eines Anpassungsprozesses, welcher erst begonnen hat und vor dem Hintergrund der Zielsetzungen des europäischen Green Deal zu betrachten ist: Um das übergeordnete Ziel, Klimaneutralität bis 2050, zu erreichen, wird die Verordnung auf absehbare Zeit Eigentümer (und solche, die es werden möchten) direkt oder indirekt dazu „zwingen“, Nachhaltigkeitsrisiken beim eigenen Immobilienbestand zu minimieren. Die Möglichkeiten hierzu bestehen größtenteils schon heute (z. B.: Nutzung von nachwachsenden Baustoffen, Recycling, Rückführung) und werden von der öffentlichen Hand durch eine umfassende Förderlandschaft begleitet.

 

Lenkung des Kapitals in Richtung eines nachhaltigen Immobilienbestands

Die konkreten mittel- bis langfristigen Auswirkungen der EU-Taxonomie-Verordnung auf die Immobilienbewertung können aufgrund des Status Quo mit fehlenden, konsistenten und einheitlich geltenden Messgrößen – v. a. im Hinblick auf technische Standards – nur skizziert werden. Verschiedene wissenschaftliche Studien belegen, dass schon heute – binnen kurzer Zeit – die Nachfrage nach als nachhaltig eingestuften Immobilien (vor allem von institutionellen Investoren) deutlich gestiegen ist.

Es ist zu erwarten, dass die Nachfrage am Markt nach nachhaltigen Immobilien weiter steigen wird. Investitionsentscheidungen werden zunehmend nach Nachhaltigkeitskriterien beurteilt, sofern konsistente, einheitlich geltende Messgrößen – auch hinsichtlich technischer Standards – transparent verfügbar sind. Immobilien, welche den (noch zu definierenden) Bewertungskriterien nicht entsprechen, dürften am Markt mittel- bis langfristig voraussichtlich weniger stark nachgefragt werden und deutlich schwieriger mit Fremdkapital finanzierbar sein (vgl. Blog-Artikel: Folgen der EU-Taxonomie-Verordnung für die Immobilienbranche). Es ist zudem davon auszugehen, dass die Einbeziehung zukunftsorientierter Parameter in die Immobilienbewertung die Preisschere zwischen taxonomiekonformen und nicht taxonomiekonformen Immobilien immer größer werden lässt, weshalb Eigentümer bestrebt sein werden, Nachhaltigkeitsrisiken beim eigenen Immobilienbestand zu minimieren. Dies lässt sich bereits heute beobachten: Institutionelle Anleger wie Banken und Versicherungsgesellschaften führen Nachhaltigkeitsrisiken präventiv als Bewertungskriterium beim Ankauf an.

Künftige Wertminderung bei nicht taxonomiekonformen Immobilien

Im Vorfeld eines Verkaufs wird künftig ein Nachweis von belastbaren Nachhaltigkeitszertifikaten bei Neubauten bzw. eine Modernisierung von Bestandsimmobilien den Marktwert zusätzlich positiv beeinflussen. Bei Bestandsimmobilien sind potenzielle Nachhaltigkeitsrisiken v. a. beim baulichen Zustand (z. B. Bauschäden), der Bauweise und Gebäudekonstruktion (z. B. verwendete Materialien), der Qualität der technischen Gebäudeausstattung (TGA) sowie energetischen Eigenschaften zu suchen.

Die EU-Taxonomie-Verordnung wird zukünftig als Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten fungieren, sobald mittels delegierter Rechtsakte technische Bewertungskriterien für jedes der sechs Umweltziele definiert wurden, was aktuell noch nicht der Fall ist. Von daher liegt derzeit nur eine unvollständige Auflistung von wertbildenden, nachhaltigkeitsbezogenen Faktoren vor, welche jedoch sukzessive ergänzt wird. In diesem Kontext werden konkrete Schwellen-/ Grenzwerte definiert, welche eine Einstufung als (nicht) taxonomiekonform ermöglichen. Diese Grenzwerte werden entsprechend der technologischen Entwicklung in gewissen Abständen fortlaufend aktualisiert. Die Online-Plattform ‚EU-Taxonomie-Kompass‘ der Europäischen Kommission listet die bereits definierten technischen Bewertungskriterien auf und ergänzt bzw. aktualisiert diese sukzessive.

Es ist davon auszugehen, dass die noch zu definierenden Kriterien Berücksichtigung in den etablierten Wertermittlungsverfahren finden müssen, da diese jeweils einen aktuellen Marktbezug einfließen lassen. Die Frage nach konkreten Auswirkungen auf die Bewertung einer Immobilie im Sinne eines Abschlags kann noch nicht seriös beantwortet werden – ebenso wenig wie die Frage nach dem Zeitpunkt, ab wann dies der Fall sein wird.

author

Thomas Egger

Thomas Egger ist Spezialist für Gewerbeimmobilien bei der Kragler Immobilien GmbH und Team-Leiter der Abteilung Gewerbeimmobilien.

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